Offener Brief

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Sehr geehrter Herr Jung,

wir blicken auf eine verstörende Woche zurück. Eine Woche, in der Grundrechte in der Stadt, in der wir leben und politisch wirken, suspendiert wurden. Als Einwohner*innen dieser Stadt wurde uns unser Recht auf Versammlungsfreiheit und unser Recht auf freie Meinungsäußerung genommen. Innenministerium, Polizei und Landesamt für Verfassungsschutz haben ein massives Bedrohungsszenario konstruiert und die Stadtverwaltung hat willfährig unsere Freiheit geopfert. Zuerst mit einer Allgemeinverfügung, die pauschal allen das Demonstrieren faktisch untersagte, die am Samstag gegen Neonazismus, rechte Bedrohung und in Solidarität mit der antifaschistischen Bewegung auf die Straße gehen wollten. Folgend wurden Versammlungen konkret untersagt, sowohl am 3. als auch am 4. Juni 2023.

Der Tiefpunkt war sicherlich die behördliche Verhinderung der Demonstration am Alexis-Schumann-Platz. Die Untersagung einer Demonstration, die sich laut Motto einfach nur für die Versammlungsfreiheit einsetzt, in der selbsternannten Stadt der Friedlichen Revolution: Das ist nicht nur symbolisch eine Bankrotterklärung – sondern eine Schande, die am Ende von 1.000 Personen in einem fast elfstündigen Kessel ausgebadet werden musste. Die Wahrung und Sicherung der Grundrechte wurde schlichtweg ausgesetzt, was einem wesentlichen Merkmal einer funktionierenden Demokratie innerhalb eines Rechtsstaates widerspricht.

Wir sind empört, dass die Stadtspitze dies tat, ohne dabei irgendwelche Zweifel oder Skrupel zu zeigen. Sie ignorierte damit den offensichtlichen Wunsch vieler Tausender (vor allem Leipziger*innen), sich öffentlich zu antifaschistischer Politik und zu dem am 31.5.2023 in Dresden gesprochenen Urteil gegen vier Antifaschist*innen zu äußern.

Wir sind wütend darüber, dass über 1000 Menschen unter unwürdigen Bedingungen – ohne WC, Verpflegung und Kälteschutz – elf Stunden und über Nacht in einem Polizeikessel auf engstem Raum zusammengepfercht wurden. Unter den Betroffenen waren auch zahlreiche Minderjährige, von denen mindestens einige nicht mal ihre Eltern sehen durften. Die Menschen im Kessel und drum herum wurden von Polizist*innen beleidigt und teilweise tätlich angegriffen, psychische und physische Folgen nahm die Polizei bewusst in Kauf. Wie zum Hohn forderte die Polizei per Lautsprecherwagen alle Anwesenden auf, politische Meinungsäußerungen zu unterlassen. In was für einem Land und in welcher Stadt leben wir mittlerweile, dass die Meinungsäußerung verboten und mit Repression beantwortet wird?

Nicht unerwähnt lassen wollen wir die Tatsache, dass der von der Stadt verhangene, tagelange Ausnahmezustand in großen Teilen der Stadt direkt Menschen in ihrem Alltag betroffen hat – während gleichzeitig die Bürger*innen in der Innenstadt ein “Stadtfest” feiern sollten. In dieser dystopischen Gleichzeitigkeit war vor allem der Süden Leipzigs am Wochenende von Polizei belagert, die jede und jeden ins Visier nahm und vorverurteilte, der oder die irgendwie links oder alternativ aussah. Zahlreiche Menschen mussten sich unwürdigen Kontrollen und Durchsuchungen unterziehen lassen.

Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Eine so weit reichende Aussetzung dient nicht der Deeskalation. Gerade kritische oder unliebsame Meinungen müssen dieses Grundrecht wahrnehmen dürfen.

Vor allem steht es der Stadt Leipzig, die sich so gern als Bürger*innenstadt und mit der Tradition von Bürger*innenrechten schmückt, nicht gut zu Gesicht, demokratische Meinungskundgaben zu unterbinden. Wir fragen uns sorgenvoll: Will sich die politische Spitze der Stadt Leipzig nun vollends dem sächsischen Konformitätsdruck, wie er aus dem Innenministerium kommt, beugen? Wer Demonstrationen mit Verboten begegnet, wirft plötzlich einen ganz ähnlichen Schatten wie jene Demokratieverächter (a lá Orbán), die man in der Stadt Leipzig so gern kritisiert – während dabei regelmäßig die Erinnerung an 1989 aktiviert wird.

Wir appellieren an die Stadtspitze, das Vorgehen am letzten Wochenende kritisch zu reflektieren, uns als gleichwertigen Teil dieser Stadt wahr- und ernstzunehmen und auf Pauschalisierungen und Kriminalisierung des so wichtigen antifaschistischen Engagements zu verzichten!

Erstunterzeichner*innen:

Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz
Kritische Jurist*innen Leipzig
Omas gegen. Rechts
Eltern gegen Polizeigewalt
say it loud e.V.
linXXnet
Fridays for future Leipzig
Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO)
Alternative Wohngenossenschaft Connewitz eG
VVN-BdA Leipig e.V.
Space Leipzig
Best Day e.V.
Lisa Falkowski (Vorstand BUND Regionalgruppe Leipzig)
Boris Frentzel (Demobeobachter des Komitees für Grundrechte und Demokratie, Leipzig)
Christian Keil, Gewerkschaftssekretär
Gesine Oltmanns
Kanwal Sethi, Kulturschaffender
Richard Gauch, Preisträger” für “Zivilcourage und beherztes Engagement” der Rosa Luxemburg Stiftung Sachen – 2017
Lars Aßhauer, stv. Vorsitzender für die Dr. Margarete Blank Gedenkstätte Panitzsch e.V.

Leipzig, 09. Juni 2023

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Dokumentiert: Offener Brief der „Eltern gegen Polizeigewalt“ an René Demmler, Polizeipräsident von Leipzig

Als wir Eltern gegen Polizeigewalt (@ElternggPG) uns Ende März mit Ihnen und Ihrem Polizeisprecher Herrn Hoppe trafen, um die unverhältnismäßige Polizeigewalt auf den faschistischen Montagsdemos zu kritisieren, sprachen Sie davon, dass „dies nicht die Polizei sei, die sich wünschten“, „es sei nicht Ihre Polizei“.

Als dann nicht mal 4 Tage später, ein Leipziger Polizist und zwei Bundespolizist:Innen, jugendliche Menschen am Augustusplatz gewaltsam, anlasslos, gefährlich zu Fall brachten, telefonierten wir
mit Ihnen. Sie erwähnten einen schweren Krankheitsfall in der Familie des Leipziger Polizisten, was evtl. die Ursache für sein Handeln gewesen sein könnte. Wieder versicherten Sie, dass dies nicht Ihre Polizei sei, Sie ein Umdenken, was unverhältnismäßige Handlungen anbelangt, nicht befehlen könnten, sie wollen von den Beamten „verstanden“ werden.

Die Vehemenz und Überzeugung, mit der Sie den fatalen und an Unmenschlichkeit kaum noch zu überbietenden Einsatz verteidigen (obwohl Sie inzwischen Stimmen von unter der Repression leidenden Menschen vernommen haben dürften), ihn bis heute als richtig und alternativlos bezeichnen, macht uns sprachlos und lässt uns daraus schließen, was mit ihrer Aussage: “dies ist nicht meine Polizei, das ist nicht die Polizei, die ich mir wünsche” gemeint war.

Am vergangenen Wochenende (03.-04.Juni 2023) konnten wir uns alle davon überzeugen, welches Ihre Polizei ist. Wir wurden Zeugen von unsäglicher Gewalt, ausgehend von Polizist:Innen. Ob jeder von denen, schwere Erkrankungen innerhalb der Familie hat, dass er emotional am Abgrund stehend, in Gewaltfantasien ausbricht, ist schwer vermittel- und kaum vorstellbar. Eher sind diese Gewaltexzesse mit systemischen Ursachen für Polizeigewalt zu erklären. Ihr Interview in der LVZ lässt nur in Teilen erahnen das Sie weder Kosten noch Mühen gespart haben, um durch gezielte Provokationen, eine Eskalation herbeizuführen, die ein Eingreifen rechtfertigte. Selbst vor eingeschleusten, sogenannten taktischen Provokateur:Innen, machten Sie nicht halt. Sollte das nicht Ihre Entscheidung gewesen sein, stellt sich die Frage, ob Sie Ihren Untergebenen weiterhin vertrauen können, oder ob sich schon eine Subkultur gebildet hat, die an Ihnen vorbei Entscheidungen trifft.
Polizist:Innen fanden Gefallen daran Kindern, jungen und erwachsenen Menschen an sehr intimen Stellen, massiv zu berühren und sogar mit Taschenlampen in deren Unterwäsche zu leuchten, bzw. die Genitalien zu berühren! Weiblich gelesene Menschen wurden bei der Durchsuchung teilweise nur an Brüste und Po gefasst. Das ist an Demütigung bis hin zur Perversität nicht mehr zu überbieten. Menschen wurden gezwungen in der Öffentlichkeit in Parkanlagen eines Kinder-Spielplatzes zu urinieren, zu koten und Menstruationsartikel unter den undenkbarsten, menschenunwürdigsten hygienischen Bedingungen zu wechseln, alles bei Flutlichtbeleuchtung und unter der Beobachtung Ihrer Beamt:Innen. Das ist eine Form vonsexueller Gewalt! Was gehen in den Köpfen der Beamt:Innen für kranke Fantasien vor, die sich
solcherlei perverse unmenschliche Qualen ausdenken?

Während Ihre Beamt:Innen bestens mit Wasser, Softdrinks und Speisen versorgt waren, einen Sanitärtransporter gestellt bekamen und sogar Wasser um die Hände zu reinigen, verwehrten sie den eingekesselten Menschen Getränke, Speisen und zu später Stunde warme Kleidung und Decken und stellten sie durch das grelle Licht und das immer wiederkehrende Eindringen in den Kessel, unter Schlafentzug, Schlafentzug wird unter manchen Umständen als Folter gewertet. Gänge zu zivilisierten Toiletten waren nur möglich bei gleichzeitiger Zustimmung zu einer ED Behandlung. Nur der Intervention von Sanitäter:Innen die auch wiederum nur nach hartnäckigem Betteln zu den eingeschlossenen Personen vorgelassen wurden, war es zu verdanken, dass diese Menschen mit dem allernötigsten versorgt wurden. Alles ist durch zahlreiche Aussagen und Zeugen belegbar.

Da zu dem Zeitpunkt kein anderes Wasser zu den Gefangenen durchgelassen wurde, verteilten die Sanitäter auch das Tankwagenwasser, welches nur in abgekochtem Zustand verzehr werden sollte. Durch Ihre Beamten niedergeknüppelte Personen durften nicht sofort von Sanitätern versorgt werden.

Alle späteren gewaltsamen, sexualisierten und demütigenden Maßnahmen den Kessel betreffend waren hatten keine Verhältnismäßigkeit und keinen Bezug, zu den vorgeworfenen “Straftaten” sondern dienten einzig und allein der Einschüchterung.

In Anbetracht der Sache und rückblickend auf die Ereignisse macht Ihr Interview in der Leipziger Volkszeitung nun auch Sinn: „Das lässt sich nicht mit Mitteln der Deeskalation verhindern“! Sie haben sich selbst demaskiert. Gewalt von Seiten der Polizei war von vornherein gewünscht und geplant, sollte es keinen Anlass geben, so würde man einen schaffen.

Wir finden, Herr Demmler, es ist Zeit, den Polizeihut in eine Hutschachtel mit reichlich Mottenpapier auf dem Schlafzimmerschrank für immer ruhen zu lassen.

Treten Sie zurück.

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Tag X: Versammlungsfreiheit am Ende

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Jenz
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Jule

Im Podcast blicken Jule und Jens auf das Nicht-Versammlungsgeschehen in Leipzig nach den Urteilen im #AntifaOst -Verfahren zurück und betrachten v.a. auf den verschiedenen Ebenen, wie jetzt eine politische Auseinandersetzung mit den krassen Grundrechtseingriffen vorangetrieben werden kann.

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Offener Brief – Warum und wie wir nach dem Urteil im Antifa Ost-Verfahren in Leipzig demonstrieren wollen

Liebe Leipziger*innen, liebe Connewitzer*innen, liebe Antifaschist*innen,

nach allem, was bekannt ist, wird das Antifa Ost-Verfahren nach über eineinhalb Jahren Prozess in Dresden gegen vier angeklagte Antifaschist*innen am 31. Mai 2023 mit einem Urteil zu einem vorläufigen Ende kommen. Lina als angebliche “Rädelsführerin” sitzt als einzige angeklagte Person seit November 2020 in Untersuchungshaft und soll nach dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft zu acht Jahren Haft verurteilt werden. Am Tag der Urteilsverkündung wird es in vielen Städten Demonstrationen geben und für den Samstag danach ist eine Demonstration in Leipzig angekündigt. Nach unseren Informationen soll diese in Connewitz starten. Der Verfassungsschutz kommunizierte über die Presse, dass an dieser nur “Linksextremist*innen” teilnehmen würden und der überwiegende Tenor in den Medien und von der Polizei ist, dass Leipzig danach in „Trümmern“ läge. Wieso wir das nicht denken und warum wir auch auf die Straße gehen wollen, möchten wir im Folgenden erläutern.

Beim Verfolgen des Prozesses in Dresden und den parallel dazu fast regelmäßigen Hausdurchsuchungen, konnten weitere Kapitel in der Chronik der “Sächsischen Verhältnisse” hinzugefügt werden.

Da waren Ermittlungen gegen Polizisten der “Soko LinX”, welche in Verdacht standen, aus privaten Motiven persönliche Daten von Beschuldigten zu veröffentlichen, die schließlich in extrem rechten Publikationen aufgetaucht sind. Polizist*innen, die mit weit über 200km/h nach Eisenach rasen, um ein Alibi zu widerlegen. Ein aufgelöstes MEK mit Verbindungen zum extrem rechten Nordkreuz-Netzwerk, welches Observationen durchgeführt hat. Neonazis, die vor Gericht wie immer keine sein wollen und sich Geschichten ausdenken. Trotz der aufgezeigten Ungereimtheiten der Verteidigung der Angeklagten finden sich in den meisten Medienbeiträgen über das Verfahren diese Widersprüche nicht wieder.

Eine Bundesanwaltschaft mit parallel geführten Akten, die zudem noch entlastendes Beweismaterial gegen Angeklagte unterschlägt. Ein Gericht, welches das meiste davon nicht einmal zur Kenntnis nehmen will.

Die Bundesanwaltschaft verwies in ihrem Plädoyer auf eine vermeintliche Gewaltspirale zwischen links und rechts, welche den Staat bedroht. Antifaschistischer Widerstand der 1920er Jahre sei mitverantwortlich für die Wahlergebnisse der Nazis 1933, war zu vernehmen. Es wurde der Eindruck erweckt, dass all die rechten Morde und der rechte Terror in diesem Land nach 1945 bloße Reaktionen auf militante Antifaschist*innen seien.

Das ist eine Darstellung, die wir nicht teilen. Wir leben offensichtlich in einem anderen Sachsen und Deutschland. Wir haben das, was seit ein paar Jahren unter dem Begriff “Baseballschlägerjahre” die Runde macht, in Teilen selbst erlebt. Und auch das letzte Jahrzehnt, war nicht gerade “ruhiger”, wenn wir an Heidenau, Bautzen, Chemnitz oder Freital denken. Die Opferberatung RAA führt in der Statistik 2923 rechte Angriffe in Sachsen im Zeitraum von 2012 – 2022 mit 4274 Betroffenen dieser Gewalt. Im selben Zeitraum werden 585 Angriffe in der Stadt Leipzig aufgeführt. Während der NSU von Sachsen aus mordend durch das Land zog, wurden nach Recherchen von Journalist*innen in Sachsen seit 1990 mindestens 17 Menschen von Neonazis ermordet, hinzu kommen 8 Verdachtsfälle. In Leipzig wurden 7 Menschen ermordet, hinzu kommen 3 Verdachtsfälle. Eine jüngere Generation von Antifaschist*innen wurde durch den rechten Terror in Hanau und Halle politisiert und stand ähnlich geschockt vor dem Abgrund deutscher “Sicherheitsbehörden” und den rechten und rassistischen Netzwerken in Polizei und Justiz, wie viele nach der Selbstenttarnung des NSU.

Verschlossene Fluchttüren wegen der Polizei in Hanau oder ein rechtes SEK, welches später wegen “abgestumpfte[r], diskrimierende[r] Haltung und teils rechtsextreme[r] Gesinnung” aufgelöst werden muss, um nur zwei Beispiele zu nennen. Am 11. Januar 2016, zum „Geburtstag“ von Legida, griffen mehr als 250 Neonazis in Connewitz Menschen und Geschäfte an. Noch immer sind nicht alle Verfahren dazu abgeschlossen, vor Gericht spielen die Angriffe auf die Menschen keinerlei Rolle und gegen die Strukturen, die hinter dem Angriff steckten, wurde nie ermittelt. Die Gefahr von rechter Gewalt betroffen zu werden, bleibt in Sachsen akut. Am 30. August 2020 tötete ein junger Neonazi bei einer Technoparty in Dresden beinahe zwei Menschen mit einem Messer. Die folgende Entpolitisierung der Tat ist dabei in Sachsen schon fast obligatorisch. Am 26. November 2022 fuhr ein Rechter nach der “Ami go home” – Demo mit seinem Auto mehrmals in antifaschistische Gegenproteste – ein politischer Hintergrund wurde nicht vermutet.

Seit mehr als drei Jahrzehnten bedienen sich Repressionsorgane vielfältiger Mittel, Leipzig und im besonderen den Stadtteil Connewitz, als Raum politischen Handelns mit seinen Bewohner*innen, (Frei-) Räumen, Projekten, Initiativen, Gruppen und Vereinen zu überwachen und mit Repression zu überziehen. In den letzten Jahren kam es zu einer Vielzahl an Hausdurchsuchungen, besonders in Leipzig. Einige wurden später als „rechtswidrig“ erklärt, darüber wird jedoch nie berichtet, die öffentliche Stigmatisierung bleibt bestehen. Es ist politisches Kalkül, gegen einen unliebsamen Stadtteil zu agieren, sowie seine Bewohner*innen und die dort vorhandene linke Szene aus Sicht der Behörden als Feind zu markieren.

Im Rahmen des Verfahrens in Dresden wurde zudem bekannt, dass eine Kneipe im Stadtteil observiert wurde und die Betreiberin mit Haft bedroht wurde, wenn sie sich weigert, personenbezogene Daten von Mitarbeiter*innen preis zu geben, die zum Verhör bei der„Soko LinX“ geladen werden sollten. Schon beim Neonazi-Angriff 2016 in Connewitz fielen Polizist*innen mit absurden Versuchen der Repression gegen die betroffenen Geschäfte des Neonazi-Angriffs auf. Weiterhin wurde bekannt, dass der Verfassungsschutz Videoaufnahmen vom Projekt Gieszer16 und deren Besucher*innen gemacht hat. Wie groß das Ausmaß dieser Überwachung ist und ob es ähnlich der eingestellten Verfahren nach §129 in Sachsen und Leipzig gegen Linke ist, in denen hunderte Menschen abgehört wurden, unter ihnen sogenannten Berufsgeheimnisträger*innen, ist noch unklar. Erinnert sei hier auch nochmal an die G10-Maßnahmen (Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, des Artikel 10 des Grundgesetzes) des sächsischen Verfassungsschutzes gegen das Conne Island, welche erst 16 Jahre später als rechtswidrig erklärt wurden.

Wir sind uns daher bewusst, dass es in dem Verfahren niemals nur um die vier Angeklagten ging, sondern um eine antifaschistische und linke Bewegung im Allgemeinen. Um einen alternativen und linken Stadtteil und seine Bewohner*innen. Ein Kristallisationspunkt des Widerstands gegen die bundesweit bekannten „Sächsischen Verhältnisse“.

Wir wollen daher ebenfalls nach dem Urteil auf die Straße gehen. Für eine antifaschistische Bewegung und gegen Repression gegen Linke. Wir können die Wut und Ohnmacht von Linken nachvollziehen und haben selbst viele beschissene Erfahrungen mit Neonazis, Repression und Polizeigewalt gemacht.

Militantes Auftreten und Gewalt sind nicht unserer politischen Mittel. Selbstverteidigung wie beim Neonazi-Angriff auf den Roten Stern in Brandis dagegen finden wir legitim.

Wir verstehen auch nicht, was daran sinnvoll wäre, Scheiben einzuwerfen und möglichst „hohen Sachschaden“ zu verursachen, wie in einem Aufruf zu lesen war.

Wir wünschen uns trotzdem von den Organisator*innen und Teilnehmer*innen der Demonstration, dass sie Leipzig und Connewitz nicht „zerkloppen“ und wir ebenfalls an der Versammlung teilnehmen können.

Von den Behörden erwarten wir, dass die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit geschützt werden. Verbote, Einschränkungen und andere Schikanen werden sicherlich genau jene „befürchteten Krawalle“ bringen, die jetzt schon erwartet werden. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung, an der gerade scheinbar gearbeitet wird.

Wir hoffen, dass es so nicht kommen wird, sondern viele Menschen am dem Tag für eine antifaschistische Bewegung auf die Straße gehen und die Positionen und Inhalte im Mittelpunkt stehen werden.

Wenn ihr den Aufruf mitzeichnen wollt, schreibt eine Mail an kontakt@linxxnet.de. Wir veröffentlichen Unterstützer*innen dann an dieser Stelle. 

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